Was ist die Westmauer?

Wenn Sie einen Israeli fragen würden, was die Westmauer ist, würde er oder sie Ihnen wahrscheinlich sagen, dass sie der heiligste Ort der Welt für Juden ist und dass sie Teil des Zweiten Tempels war.

Beides ist falsch.

Vor zweitausend Jahren, als der Tempel noch stand, hatte die Klagemauer keinerlei Bedeutung.

Was ist also die Bedeutung der Klagemauer?

Um zu verstehen, was die Westmauer ist, muss man dreitausend Jahre zurückgehen.

König Salomon baute den ersten Tempel. Er stand auf der Spitze des Berges Moriah. Der Tempel stand vierhundert Jahre lang, bis die Babylonier Jerusalem eroberten und ihn 586 v. Chr. zerstörten.

Die Heilige Lade und die Zehn Gebote, die sich im Inneren des Tempels befanden, wurden zusammen mit dem Gebäude zerstört, und die Juden wurden aus dem Land Israel vertrieben.

Opferung Isaaks von Caravaggio

Siebzig Jahre später durften die Juden zurückkehren und bauten den Zweiten Tempel.
Der Tempel wurde mehrmals renoviert, bis König Herodes (der zwischen 37 v. u. Z. und 4 v. u. Z. regierte) beschloss, ihn wieder aufzubauen.
Er hatte jedoch ein Problem: Der Tempel stand auf dem Gipfel eines Berges, wo es nur wenig Platz gab.

König Herodes, der für seine gewaltigen Bauprojekte bekannt war, beschloss, vier riesige Stützmauern um den Berggipfel herum zu errichten und ihn so in eine große, ebene Plattform zu verwandeln.
Auf dieser von Menschenhand geschaffenen Plattform baute er den Tempel wieder auf. Die Westmauer ist eigentlich ein kleiner Teil (etwa ein Siebtel) einer der großen Stützmauern.
Im Jahr 70 n. Chr., während des jüdischen Aufstands gegen die Römer, wurde Jerusalem erobert und der Tempel zerstört.
Nach dem Aufstand war es den Juden nicht erlaubt, auf den Tempelberg zu gehen, wo der Tempel gestanden hatte, und sie begannen, neben verschiedenen Teilen der Stützmauer zu beten, die den Tempel gestützt hatte.

Das ist das Wichtigste, was man über die Klagemauer verstehen muss: Der heiligste Ort für Juden ist der Tempelberg, denn dort stand der Tempel.
Da es den Juden nicht erlaubt war, dort hinaufzugehen, zuerst wegen der Römer und dann, weil die Muslime den Felsendom dort oben bauten, bekamen die Mauern drum herum eine religiöse Bedeutung.

In den letzten 2000 Jahren haben die Juden an verschiedenen Abschnitten der Stützmauern gebetet.

Zunächst beteten sie an den südlichen Mauern, wo sich der ursprüngliche Eingang zum Tempelberg selbst befand.

Dann beteten sie an der Goldenen Pforte (oder Gnadenpforte) in den östlichen Mauern, und erst in den letzten 500 Jahren ist der kleine Teil der riesigen Stützmauer, den wir Westmauer nennen, für die Juden so wichtig geworden, als religiöse Stätte, an der sie sich an den Tempel erinnern können.

Eine kurze Zusammenfassung:
1000 v. Chr. – Der erste Tempel steht auf dem Gipfel des Berges Moriah.

20 n. Chr. – König Herodes will einen riesigen Tempel bauen, und um die Plattform zu schaffen, errichtet er massive Stützmauern um den Berg Moriah.

70 n. Chr. – Die Römer zerstören den Tempel, aber die Stützmauern bleiben. Im 7. Jahrhundert errichten die Muslime den Felsendom an der Stelle, an der der Tempel gestanden hatte. Den Juden war es verboten, oben auf dem Tempelberg zu beten, und sie begannen, um die Stützmauern herum zu beten.

Heute – In den letzten Jahrhunderten ist ein kleiner Teil der Westwand der Stützmauer zum wichtigsten Ort für Juden geworden, um zu beten und sich des Tempels zu erinnern.

Die Westmauer, Klagemauer oder HaKotel?

Die Westmauer hat mehrere Namen.

Der bekannteste davon ist die Westmauer, denn es ist die westliche Wand der Stützmauern, die den Tempelberg stützen. Auf Hebräisch sagen wir HaKotel, was ‚Die Mauer‘ bedeutet.

Ein anderer Name ist Klagemauer, der zuerst von den Muslimen verwendet wurde, als sie sahen, dass die Juden dort um den zerstörten Tempel trauerten. Dieser Name wurde dann in einige europäische Sprachen übersetzt.

Kann man die Klagemauer besuchen und dort beten?

Die Klagemauer ist 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche für jeden geöffnet.

Die Klagemauer ist im Grunde eine Open-Air-Synagoge, daher gibt es eine Trennung zwischen Männern und Frauen.
Jeder kann zur Mauer gehen, dort beten oder einfach nur zuschauen, aber bitte respektvoll gegenüber anderen sein (eine Regel, die man generell anwenden sollte :))
Von Freitagabend bis Samstagabend ist es nicht erlaubt, innerhalb des Geländes zu fotografieren oder zu rauchen.
Knie und Schultern müssen bedeckt sein.
Für Informationen über Touren durch die Tunnel der Klagemauer, klicken Sie hier.