BauEdit
Vor diesem Hintergrund kam Ernst von Bandel 1836 in den Teutoburger Wald, um seinen Lebenstraum, ein Arminius-Denkmal zu errichten, in die Tat umzusetzen. Er erwog, es in der Nähe der Externsteine zu errichten, entschied sich dann aber für die Grotenburg, im Volksmund auch Teutburg oder Teutoburg genannt. 1837 wurde in Detmold ein Verein für das Hermannsdenkmal gegründet, der das Projekt finanzieren sollte, so dass Bandel sich auf die Gestaltung und nicht auf das Sammeln von Spenden konzentrieren konnte. Auch in anderen Teilen Deutschlands wurden ähnliche Organisationen gegründet, und es gingen erste Spenden ein. Noch im selben Jahr gab Fürst Leopold II. seine Zustimmung zum Bau des Denkmals, allerdings nur für den Standort Grotenburg, womit die Angelegenheit erledigt war. Er stellte auch die Eigentumsrechte für das Projekt zur Verfügung. Die Anwohner erklärten sich bereit, ihre Weiderechte auf dem Gipfel abzutreten. Bandels Familie zog nach Detmold:40-45
1838 änderte Bandel seinen ursprünglichen Entwurf für die Figur von 1834, um zu berücksichtigen, dass an diesem Standort ein Sockel erforderlich sein würde, um die Statue weithin sichtbar zu machen. Die Erdarbeiten begannen im Juli 1838, und der Grundstein wurde im Oktober 1838 gelegt. Bandel reiste daraufhin nach Italien und traf unterwegs mit König Ludwig I. von Bayern zusammen, der ihm finanzielle Unterstützung zusagte, aber auch eine Änderung des Entwurfs verlangte. So sollte der Felsen, der den Tempel krönen und als Sockel für die Figur dienen sollte, durch eine von einer Galerie umgebene Kuppel ersetzt werden. Bandel nahm dies in seinen endgültigen Entwurf von 1840 auf:46-50
Probleme traten auf, als Bandels Entwürfe in die Kritik gerieten und die finanzielle Tragfähigkeit des Projekts in Frage gestellt wurde. So präsentierten Karl Friedrich Schinkel und Christian Daniel Rauch 1839 einen Alternativentwurf. Der preußische König bevorzugte den martialischeren Entwurf von Bandel. Doch trotz eines reichlichen Spendenaufkommens hielten die finanziellen Schwierigkeiten an. Eine erste Feier anlässlich der Fertigstellung des Sockelgewölbes am 8. September 1841 gab bereits Anlass zu heftiger antifranzösischer Rhetorik. 1844 war das Sockelgewölbe fertiggestellt, hatte aber die Kostenschätzungen um 4.000 Taler überstiegen. Dies führte zu einem Zerwürfnis zwischen dem Verein und Bandel, der 1846 nach Hannover zurückkehrte.:53-55
Nachdem die deutsche Revolution von 1848 nicht zu einem einheitlichen deutschen Staat führte, versiegte der Spendenfluss für das Denkmal und die Arbeiten wurden eingestellt. Bandel setzte nun sein Privatvermögen ein, um die Arbeiten fortzusetzen. Bis 1860 war der Entwurf für den inneren Eisenrahmen der Statue fertiggestellt. Ein unterstützender Verein wurde in Hannover gegründet. Ab 1862 arbeitete Bandel in einer Werkstatt in Hannover an den Kupferplatten. 1866 besiegte Preußen Österreich und der deutsche Nationalismus war wieder auf dem Vormarsch. Er wird mehr mit Autoritarismus als mit den liberalen Ideen von 1848 und auch mehr mit Antifranzösisch assoziiert. In diesem Jahr annektierte Preußen das Königreich Hannover, und sein König interessierte sich erneut für das Projekt. 1869 besuchte Wilhelm I. von Preußen Bandels Werkstatt:53-59
Nach dem deutschen Sieg über die Franzosen im Deutsch-Französischen Krieg und der Gründung des neuen Deutschen Reiches traf Bandels Arminius-Denkmal genau den Nerv der Zeit und die Arbeiten gingen zügig voran. Der neue Reichstag bewilligte 10.000 Taler. Ab August 1871 arbeitet Bandel wieder auf der Baustelle und zieht 1872 mit seiner Frau dorthin um. Im September 1873 wurde die Werkstatt in Hannover geschlossen und der letzte Schliff des Denkmals (das Anbringen des Kaiser-Wilhelm-Reliefs) erfolgte im Juli 1875. Die Einweihung des Denkmals fand am 16. August 1875 in Anwesenheit von Kaiser Wilhelm I. und Kronprinz Friedrich statt und wurde damit zu einem Ereignis von nationaler Bedeutung. Etwa 20.000 bis 30.000 Menschen nahmen an den Feierlichkeiten teil:61,63,67,73
Obwohl es bei dieser Zeremonie dem deutschen Volk „geschenkt“ wurde, blieb der Verein rechtlicher Eigentümer des Denkmals. Der Verein wurde 1881 aufgelöst und übertrug die Verantwortung für das Denkmal an die Regierung des Fürstentums Lippe. Nach einem langwierigen Rechtsstreit ging das Eigentum 1928 auf die Hermannsdenkmal-Stiftung über, die bis heute die Trägerschaft innehat. Nach 1945 war die Stiftung eng mit dem Landesverband Lippe verbunden.:65
Spätere RezeptionBearbeiten
Seit seiner Einweihung diente das Denkmal als Mahnmal für den Krieg gegen und den Sieg über Frankreich. Zur gleichen Zeit befanden sich Preußen und Deutschland mitten im Kulturkampf gegen die Macht der römisch-katholischen Kirche, und so wurde Arminius zu einem geeigneten Symbol für einen „weiteren Sieg über Rom“:73-5
Im Kaiserreich wurde das Hermannsdenkmal zwar als Nationaldenkmal behandelt, blieb aber umstritten. Zunächst waren es Katholiken, später Sozialdemokraten, Gewerkschafter und Kommunisten, die sich nicht mit dem Denkmal identifizieren konnten. Bis 1909 fanden dort keine Großveranstaltungen statt, aber der Ort wurde für zahlreiche private Anlässe zum Gedenken an den Krieg von 1870/71 genutzt. 1881 wurde Detmold an das Eisenbahnnetz angeschlossen, und der Fremdenverkehr begann. Anfangs waren es nur ein paar hundert Besucher pro Jahr, aber 1895 waren es schon 20.500. Im Jahr 1909 wurde der 1900. Jahrestag der Arminius-Schlacht mit einer mehrtägigen Veranstaltung (14. bis 23. August) gefeiert, die Umzüge, Kostüme und Nachstellungen der Schlacht umfasste. An der Feier am 15. August auf der Grotenburg nahmen rund 30.000 Menschen teil. Der Historiker Hans Delbrück hielt die Festrede, und die neu errichtete Bandelbank (finanziert durch Einzelspenden) wurde eingeweiht. Der Kaiser fehlte allerdings. Aufgrund eines vergangenen Streits um die Nachfolge im Fürstentum Lippe hatte der amtierende Fürst Leopold IV. darum gebeten, den Kaiser von der Gästeliste zu streichen. Der Tag endete mit einer Freilichtaufführung des neuen Stücks von August Weweler, Hermann der Cherusker. Damit begann eine jährliche Tradition solcher Theaterveranstaltungen, die nach dem Schauplatz, dem Kleinen Hünenring, Hünenring-Festspiele genannt wurden. Sie sollte bis zum Ende des Kaiserreichs 1918 andauern:75-81
Während des Ersten Weltkriegs wurde das Denkmal zu einem Instrument der Militärpropaganda, die suggerierte, dass der aktuelle Krieg mit einem deutschen Sieg enden würde, wie die Schlacht von Arminius oder der Krieg von 1870/71. In der Weimarer Republik wurde das Denkmal zu einem beliebten Treffpunkt für Vereine und Verbände der nationalistischen, monarchistischen und reaktionären Rechten, während sich die Regierung zurückhielt. Der 50. Jahrestag der Einweihung des Denkmals vom 1. bis 19. August 1925 war daher ein von der politischen Rechten dominiertes Ereignis. Am 8./9. August nahmen rund 50.000 Besucher an einem Festzug teil. Ein weiterer Höhepunkt war der Hermannslauf, ein Langstreckenstaffellauf, an dem 120.000 Läuferinnen und Läufer teilnahmen und der an 16 verschiedenen Orten in ganz Deutschland startete (z.B. Kulm, Zugspitze, Flensburg). Die letzten Läufer kamen am 16. August auf der Grotenburg an. Die Festrede am 9. August hielt der Chef der rechtsgerichteten Partei Der Stahlhelm, und auch andere nationalistische Gruppen wie der Jungdeutsche Orden traten in Erscheinung. In den Weimarer Jahren florierte der Tourismus: 1920 bestiegen 96.000 Menschen das Denkmal, 1925 waren es bereits 120.000:83
Adolf Hitler besuchte das Denkmal 1926 und nach 1930 nutzte die lippische NSDAP den Ort für eine Reihe von Versammlungen. Nach der Machtergreifung 1933 versuchte die Detmolder Regierung, das Hermannsdenkmal zur offiziellen Wallfahrtsstätte der deutschen Nation erklären zu lassen, wurde aber von der NS-Regierung in Berlin abgelehnt. Die nationalsozialistische Führung zog es vor, Veranstaltungen an selbst gewählten Orten mit besseren Verkehrsverbindungen durchzuführen. Das Denkmal wurde in der NS-Propaganda als Symbol verwendet, aber als Versammlungsort wurde es meist nur von der Hitlerjugend und den Ortsgruppen der verschiedenen NS-Organisationen genutzt. Im Jahr 1936 hatte das Denkmal 191.000 Besucher. Die Veranstaltungen in den Jahren 1935 (60. Jahrestag des Denkmals) und 1941 (100. Jahrestag der Grundsteinlegung) waren kleiner als die Feierlichkeiten von 1909 und 1925 und konzentrierten sich auf die Verherrlichung Hitlers und seine Verherrlichung als Nachfolger von Arminius:85-9
Nach 1945 wurde versucht, das Denkmal zu entpolitisieren. Die Feierlichkeiten zum 75. Jahrestag im Jahr 1950 verliefen relativ unauffällig, auch wenn sie länger als alle vorherigen dauerten, nämlich vom 6. Juli bis zum 20. August. Sie dienten vor allem dazu, die Region als Reiseziel zu bewerben. In den 1960er und 1970er Jahren stiegen die jährlichen Besucherzahlen auf 400.000, aber der Schwerpunkt verlagerte sich auf die Aussicht und das Denkmal als rein touristische Sehenswürdigkeit, während die politischen Konnotationen in den Hintergrund traten. Bei den Veranstaltungen 1975 und 2000 (100. und 125. Jahrestag) wurde erstmals eine kritische Auseinandersetzung mit den Ansichten von Arminius aus dem 19. Jahrhundert und der Rolle des Denkmals bei der öffentlichen Rezeption der germanischen Vergangenheit geführt:89-92